Hier kommt die Rechnung – Der Preis der deutschen Arbeitsverweigerung.
Es gibt Texte, die man liest und denkt: Ja, genau so war es – und wir wussten es eigentlich die ganze Zeit. Der Essay (15./16. November 2025) von Elisabeth Dostert in der Süddeutschen Zeitung (SZ) gehört dazu. Er beschreibt ein Muster, das sich wie ein roter Faden durch die deutsche Wirtschafts- und Außenpolitik der letzten Jahrzehnte zieht: Bequemlichkeit, Profitgier und politischer Mangel an Mut, haben Deutschland – von politischen Autokraten, deren Ziele nie ein Geheimnis waren, abhängig gemacht.
Dass heute manche Manager und Ex-Politiker vorgeben, als seien diese Entwicklungen überraschend vom Himmel gefallen, ist bemerkenswert. Man war nicht ahnungslos. Man war bequem, trotz Warnsignale, die unübersehbar waren und sind.
Die Rechnung der deutschen Bequemlichkeit kommt jetzt. Und sie fällt hoch aus.
So gut, wie ohne Ausnahme – wurde die eigentliche Kernkompetenz der Politik: „das vorausschauende Denken“ – verweigert. Speziell im Umgang mit Russland und China. Warum? Gerade unter den folgenden Bedingungen.
Russland
> 2007 droht Putin in München offen dem Westen.
> 2011 dreht er wohlwissend den Nord-Stream-Hahn auf und erzeugt Abhängigkeiten auf dem Energiemarkt.
> 2014 annektiert er die Krim.
> 2022 marschiert er in die Ukraine ein.
China
Die Werkbank war gestern – heute ist es das Machtzentrum.
Die Überzeugung, man könne mit „Wandel durch Handel“ eine autokratische Großmacht demokratisieren, wirkt rückblickend wie politische Esoterik.
China hat nie vorgegeben, demokratisch werden zu wollen. China wollte Macht – wirtschaftliche, politische, technologische. Und Deutschland? Hat genau dort produziert, wo es am billigsten war…in China. Medikamente, Vorprodukte, Maschinenkomponenten ausgelagert. Die deutsche Schlüsselindustrie wurde abhängig gemacht. Besonders bitter: Die Pharmaindustrie zeigte in der Pandemie, wie schmerzlich und unvernünftig die „Kostenoptimierung“ war. Während China strategisch darauf hinarbeitet, die gesamte Wertschöpfungskette der Zukunftsindustrien (E-Mobilität, alternative Energie) zu besetzen, glaubte man hier weiter an die globale Kuschelweltordnung.
Ein fataler Irrtum.
Die Psychologie des Wegsehens: Groupthink statt Verantwortung.
Spannend – und erschreckend – ist im SZ-Text der psychologische Teil.
Manager und Politiker lebten in einem Zustand der selbstzufriedenen Sorglosigkeit. Kritische Stimmen wurden nicht gehört, sondern diskreditiert.
Das Prinzip Advocatus-Diaboli - Risiken offen benennen – fand nicht statt. Es störte beim gemütlichen Durchregieren. Solche Strukturen sind nicht nur Managementfehler. Sie sind Gefahren für Demokratie und Sicherheit.
Der globale Machtkampf
Wenn Bequemlichkeit geopolitisch wird
> Russia first.“
> China first.“
> America first.“
Alle spielen ihre eigenen Spiele – sichtbar, laut, egoistisch.
Nur Deutschland glaubte, es könne weiter wie gewohnt exportieren, importieren und moralisch über den Dingen schweben.
Doch globale Politik funktioniert nicht wie ein deutscher Koalitionsvertrag. Sie ist kein Konsensprojekt. Sie ist Machtpolitik. Und wer sich abhängig macht, macht sich erpressbar.
Fazit
Deutschland hat sich Putins Energieimperium ausgeliefert wie ein Junkie seinem Dealer. Über Jahrzehnte wurde billiges Gas zum Wohlfühlkissen der Industrie – und zum Beruhigungsmittel für Politiker. Die so gut, wie ohne Ausnahme - die Kernkompetenz der Politik: „Vorausschauendes Denken“ verweigerten.
Die Zukunft bezahlt die Fehler der Vergangenheit.
Deutschland steht heute in mehrfacher Abhängigkeit – energiewirtschaftlich, technologisch, geopolitisch.
Nicht, weil die Welt plötzlich böse geworden wäre. Sondern weil man glaubte, die Welt bleibe immer so bequem wie der eigene Wohlstand. Doch die Welt ist nicht bequem. Und Demokratie schon gar nicht.
Der Preis der Bequemlichkeit ist hoch. Und wir zahlen ihn gerade.
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