Sonntag, 7. September 2025
AfD und die Schwäche der Demokratie

Die Enthüllung des Spiegels (Nr. 37, 5.9.2025), dass der Koordinator Sicherheit (Philipp R.) der AfD-Bundestagsfraktion rechtskräftig wegen einer brutalen Gewalttat gegen Asylsuchende verurteilt wurde, löste kaum noch Aufsehen aus.
Zu vertraut sind solche Schlagzeilen inzwischen geworden. Genau darin liegt die eigentliche Gefahr: Gewaltvergangenheiten in den Reihen der AfD wirken längst nicht mehr wie ein Schock, sondern wie ein wiederkehrendes Muster. Dieses Muster zeigt seine Wirkung:
Bei Wahlkämpfen berichten Grüne, SPD und Linke immer wieder, dass sich ihre Mitglieder abends nicht mehr trauen, Plakate aufzuhängen – aus Angst vor Übergriffen. Die AfD ist eben keine Partei, die nur den politischen Kurs nach rechts verschieben will. Das wäre legitim. Sie ist eine Partei, die bereit ist, mit Einschüchterung, Drohungen und Gewalt zu arbeiten – Methoden, die in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellos sind.
Noch schwerer wiegt: Die AfD strebt in ihrer Stoßrichtung – auch wenn sie es in Programmen verschleiert – eine Deklassierung und Abschiebung von Bürgerinnen und Bürgern nach Abstammung an. Demokratische Rechte sollen also nicht mehr für alle gelten, sondern nach „Stammbaum“. Das ist nicht einfach nur rechts. Das ist demokratiefeindlich.
Im Bundestag wollen die Grünen nun erneut prüfen, ob man das Bundesverfassungsgericht einschalten sollte. Die Linkspartei hat sich bereits gesprächsbereit gezeigt. Aber wo bleiben Union und SPD?
Gerade die Union drückt sich um Klarheit. Ihr Fraktionschef Jens Spahn plädierte zu Beginn der Wahlperiode dafür, die AfD „wie jede andere Partei“ zu behandeln. Im Wahlkampf schwenkte die Union dann auf das Thema „Ausländer“ um – und lieferte der AfD damit die Bühne, auf der sie sich am Wahlabend feiern konnte. Auch die SPD bleibt unentschlossen.
Dabei wissen beide Volksparteien, dass es in Deutschland längst Instrumente der wehrhaften Demokratie gibt. Das Bundesverfassungsgericht kann prüfen, ob die AfD eine Gefahr für die Demokratie darstellt. Doch anstatt diesen Schritt zu gehen, fürchten Union und SPD, politisch schwach auszusehen. Sie lassen die stärkste Waffe, die das Grundgesetz gegen Demokratiefeinde bereithält, ungenutzt – aus Angst, schwach zu wirken.
So entsteht ein gefährlicher Widerspruch: Demokraten, die sich schwach verhalten, nur weil sie nicht schwach erscheinen wollen.

Fazit
Vielleicht wird man eines Tages sagen: Die Demokratie ist nicht an den Angriffen der AfD gescheitert – sondern an der Furcht der demokratischen Parteien, entschlossen zu handeln.

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