Autor: Jan Dörner, Politik-Korrespondent
Wiederwahl war einmal, Ampel-Koalition sollte jetzt nur noch durchhalten.
SPD, FDP und Grüne haben die Grenzen des gemeinsam Machbaren erreicht. Das quälende Verfahren zur Aufstellung des Haushalts hat dies schonungslos offengelegt. Auch in den Nachverhandlungen ist es nicht gelungen, die Milliardenlücke zu schließen. Sie konnten sich nicht auf Lösungen entscheiden, die sie politisch und rechtlich gemeinsam vertreten können. Der Koalition geht die Puste aus.
Das zeigt sich auch am Streit um das Bürgergeld oder die Kindergrundsicherung, an der Blockade beim Mieterschutz, an den Differenzen um die innere Sicherheit oder um die Finanzierung der Pflege.
Es wäre konsequent von den Koalitionsparteien, einen Schlussstrich zu ziehen. Dennoch ist nicht zu erwarten, dass einer der drei Partner einen vorzeitigen Koalitionsbruch und Neuwahlen anstrebt. Zu groß ist die Angst vor dem Resultat. Die Ampel dürfte im Amt bleiben, wenn nicht die Ergebnisse der anstehenden Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg eine Dynamik erzeugen, von der sich die Koalitionäre zum Handeln gezwungen sehen.
Ein Jahr Streit und Stillstand kann Deutschland sich aber nicht leisten. Die Koalition muss sich zusammenreißen. Denn macht die Ampel weiter als derzeit, wird sie bis zum regulären Wahltermin Ende September 2025 das Vertrauen der Bevölkerung gefährlich untergraben. Bei den Ostwahlen dürfte sich bereits ablesen lassen, wohin Frust über die politisch Handelnden führt: Die demokratische Mitte verdorrt, die Ränder erstarken, verlässliche Regierungsmehrheiten sind in Gefahr. Das ist auch eine Botschaft an die Union. Für die Ampel geht es schon gar nicht mehr in erster Linie um ihre Wiederwahl, es geht um den Zustand unserer Demokratie.
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