Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich Grundgesetz Art. 3
Warum wird durch die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) für die Sozialversicherung, die vom Grundgesetz vorgegebene Gleichheit der Menschen ausgehebelt?
Die Politik predigt gerne den Gleichheitsgrundsatz. Art. 3 unseres Grundgesetzes, der eindeutig ist und keine Einschränkungen beinhaltet: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Schön wär’s. Denn wer das deutsche Sozialrecht genauer anschaut, merkt schnell: Gleich ist hier nicht Gleich – zumindest nicht zwischen Arbeitnehmer:innen und Rentner:innen - also Menschen!
Es geht um die BBG, also die Einkommensobergrenze, bis zu der Sozialversicherungsbeiträge (Sozv-Beiträge) verbeitragt werden. Hier wird das Problem sichtbar: Arbeitnehmer:innen werden geschützt. Rentner:innen dagegen nicht. Im Umkehrschluss werden Menschen ungleich behandelt.
Arbeitnehmer:innen werden gedeckelt
Für Spitzenverdiener:innen unter den Arbeitnehmer:innen ist die BBG eine echte Schutzmauer:
Egal wie hoch das Gehalt oberhalb der BBG-Grenze ist, es fällt kein weiterer Beitrag an. Das entlastet besonders jene, die am meisten verdienen.
Rentner:innen?
Die zahlen die vollen Sozv-Beiträge (Eigenanteil) munter weiter – und zwar oft auf nahezu alle Einkunftsarten:
> DRV-Rente (50%) + (50% DRV-Anteil)
> Betriebsrenten (100%)
> Kapitalerträge (100%)
> Mieteinnahmen (100%)
Rentner:innen zahlen deshalb real - teilweise höhere Sozv-Beiträge als Arbeitnehmer:innen mit Einkommen jenseits der BBG (nach oben offen).
Ja, richtig gelesen, Rentner:innen zahlen vielfach mehr Sozv-Beiträge – obwohl ihre Einkommen niedriger ist, als das von Spitzenverdiener:innen. Das resultiert daraus, das für die o.a. Einkunftsarten - bis auf die DRV-Rente der volle Beitragssatz durch die Rentner:innen getragen werden muss.
Die Systemlogik – ein politisches Feigenblatt
Der Gesetzgeber behauptet: Rentner:innen und Arbeitnehmer:innen seien „verschiedene Systeme“.
Arbeitnehmer:innen bekämen einen Arbeitgeberanteil, Rentner:innen nicht. Also sei der Unterschied gerechtfertigt.
Das klingt nach Logik – ist aber in Wahrheit ein politisch gepflegter Selbstbetrug.
Denn diese Unterscheidung führt zu einem absurden Ergebnis
> Der Manager mit 20.000 Euro Monatsgehalt wird durch die BBG effektiv geschützt.
> Die Rentnerin mit 1.200 Euro Rente, 300 Euro Betriebsrente und ein paar Hundert Euro Ersparnissen zahlt auf fast jedes einzelne Einkommen volle Beiträge – ohne jede Deckelung. Das soll gerecht sein?
Das ist nicht Systemlogik. Das ist Systemversagen.
Die doppelte Belastung
Niemand nennt es beim Namen. Rentner zahlen Beiträge auf Einkommen, die früher schon einmal verbeitragt wurden.
Die gesetzliche Rente? Wurde aus Lohn finanziert, von dem bereits Sozialbeiträge abgingen.
Betriebsrenten? Häufig aus versteuertem und verbeitragtem Entgelt aufgebaut. Und trotzdem langt die Krankenkasse im Alter noch einmal kräftig zu.
Das ist eine versteckte Zusatzabgabe, eine Art heimliche Steuer – nur ohne parlamentarische Debatte, ohne Transparenz, ohne Ehrlichkeit.
Demografische Krise? Ja. Fairnesskrise?
Noch viel mehr. In einer alternden Gesellschaft könnte man erwarten, dass die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme gerechter verteilt wird.
Stattdessen erleben wir das Gegenteil:
> Hohe Arbeitseinkommen werden durch die BBG geschont.
> Rentner werden immer stärker zur Kasse gebeten.
> Der demografische Druck wird auf die Schwächeren abgewälzt.
Fazit
Solidarität - Das Wort aus dem Sozialstaatsgebot, wird gerne in Sonntagsreden erwähnt – aber im Alltag der Sozialgesetzgebung systematisch ausgehöhlt.
Es bleibt bei der bitteren Erkenntnis: Vor dem Gesetz sind wir gleich – aber im Beitragsrecht sind Viele gleicher.
Keiner hat es so auf dem Punkt gebracht, wie der Kabarettist Volker Pispers.
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Die große Sozialversicherungs-Schieflage
Warum kleine Renten voll verbeitragt werden – und Manager gedeckelt sind. Es ist einer dieser Widersprüche, die man eigentlich gar nicht oft genug wiederholen kann:
Der Manager mit 20.000 Euro Monatsgehalt wird durch die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) effektiv geschützt.
Die Rentnerin mit 1.200 Euro Rente, 300 Euro Betriebsrente und ein paar Hundert Euro Zinsen zahlt dagegen auf fast jedes einzelne Einkommen volle Beiträge – ohne jede Deckelung.
Das soll gerecht sein?
Die BBG ist keine technische Notwendigkeit, sondern eine politische Entscheidung. Sie legt fest, bis zu welchem Einkommen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge erhoben werden. Alles darüber bleibt beitragsfrei.
Beispiel 2025: In der gesetzlichen Rentenversicherung liegt die BBG im Westen bei rund 7.550 Euro im Monat.
Verdient ein Manager 20.000 Euro, zahlt er trotzdem nur auf diese 7.550 Euro seinen Beitrag. Der Rest ist befreit.
Das Ergebnis: Je höher das Einkommen, desto niedriger der effektive Beitragssatz. Das nennt sich dann „Solidarprinzip“. Ironisch, oder?
Rentner:innen – Vollzahler auf allen Ebenen
Ganz anders sieht es im Ruhestand aus. Menschen mit kleinen und mittleren Alterseinkommen zahlen auf fast alles:
> gesetzliche Rente: voller Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag (rund 8 % inklusive Pflege)
> Betriebsrente: voller Beitrag, ohne Arbeitgeberanteil also doppelte Belastung.
> Kapitalerträge oder kleine Zusatzleistungen: ebenfalls voll verbeitragt oder pauschal belastet.
Die Rentnerin aus dem Eingangsbeispiel zahlt somit Monat für Monat einen erheblichen Anteil ihres ohnehin bescheidenen Einkommens an die Sozialversicherung zurück. Wer wenig hat, wird kräftig zur Kasse gebeten.
Doppelte Benachteiligung durch Politikdesign
Diese Konstruktion erzeugt eine doppelte Ungerechtigkeit:
1. Untendran wird kassiert.
Kleine und mittlere Einkommen – sowohl im Arbeitsleben als auch im Alter – tragen überproportional zur Finanzierung der Sozialversicherungen bei.
2. Oben wird geschützt.
Die Deckelung durch die BBG sorgt dafür, dass Spitzenverdiener sich unterhalb eines bestimmten Beitragslimits gemütlich einrichten können. Während also die Rentnerin ihre kleine Betriebsrente wie ein zweites Gehalt verbeitragen muss, bleibt das Managergehalt jenseits der BBG komplett unberührt.
Versicherungstechnik? Nein. Das ist Politik
Oft wird argumentiert, die BBG sei versicherungsmathematisch notwendig – der Beitrag müsse ja in einem Verhältnis zur späteren Rentenleistung stehen. Klingt logisch. Ist es aber nicht.
Denn dieselbe Politik, die diese „Versicherungstechnik“ beschwört,
> verhindert eine echte Bürgerversicherung.
> hält an der privilegierten Privatversicherung fest.
> lässt Betriebsrenten doppelt belasten.
> deckelt nur die Beiträge für Besserverdienende.
Die Wahrheit ist: Die Schieflage ist gewollt. Sie ist nicht zufällig, sondern Ergebnis jahrzehntelanger politischer Entscheidungen, die höhere Einkommen systematisch schonen.
Zeit für eine ehrliche Rechnung
Wenn man das Sozialversicherungssystem fair gestalten wollte, gäbe es längst Optionen:
> Eine einheitliche Bemessungsgrundlage, die alle Einkommensarten berücksichtigt.
> Eine Reichenquote oder ein progressiver Beitrag oberhalb der BBG.
> Eine Bürgerversicherung, in die alle einzahlen – ohne Ausnahmen.
> Die Abschaffung der Doppelverbeitragung von Betriebsrenten und Direktversicherungen.
Aber nichts davon passiert, weil es jene treffen würde, die politischen Einfluss besitzen.
Die Rentnerin hingegen, die 45 Jahre lang gearbeitet hat und jetzt von 1.200 Euro lebt, hat keine Lobby.
Fazit
Die Sozialversicherungen sollen Solidarität organisieren. Heute organisieren sie jedoch überwiegend eines: Ungleichheit.
Ein System, das hohe Einkommen deckelt und kleine Einkommen schröpft, verdient keine Schönfärbung.
Es braucht Reformen – und zwar solche, die den Namen verdienen. Bis dahin bleibt die Schieflage bestehen: Manager geschützt, Rentner belastet.
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