Mittwoch, 6. August 2025
Mietmarkt

Wenn Wohnen Luxus und Demokratie zur Nebensache wird
Warum der Wohnungsmarkt außer Kontrolle gerät – und was das für den sozialen Frieden bedeutet.

Ein Markt ohne Angebot ist kein Markt
Die Verlängerung der Mietpreisbremse bis Ende 2029 klingt nach politischer Fürsorge – ist aber de facto nur ein symbolisches Feigenblatt. Auf einem Wohnungsmarkt, auf dem kaum noch bezahlbarer Wohnraum angeboten wird, bringt auch eine Mietpreisdeckelung so gut wie keine Entlastung.
Die Preisexplosion bei Grundstücken, insbesondere in den Großstädten, ist längst außer Kontrolle geraten. Das soziale Marktprinzip von Angebot und Nachfrage ist an seine Grenzen gekommen, da Angebot und Nachfrage nicht mehr korrespondieren.
Die klassische Preisgestaltung wird ausgehebelt, da Angebote (gezielt?) immer seltener werden.
In Berlin, München, Hamburg und anderen Ballungsräumen steigen die Bodenpreise - auf Basis des knappen Angebotes - seit Jahren steil an. Teils mit dreistelligen Prozentwerten innerhalb eines Jahrzehnts.
Wer heute eine Wohnung sucht, ist dem Markt ausgeliefert – oder steht vor der Tür. Besonders Gering- und Normalverdiener haben kaum noch Chancen bezahlbare Mietwohnungen zu finden. Der Traum vom Eigenheim? Für viele längst abgehakt.

Von der sozialen zur politischen Krise
Doch die Wohnungsnot ist nicht nur ein soziales Problem – sie ist ein demokratisches Risiko. Wenn Menschen erleben, dass elementare Bedürfnisse wie „ein Dach über dem Kopf“ nicht mehr erfüllt werden können, verlieren sie das Vertrauen in Staat und Politik. Das schafft Nährboden für populistische und extremistische Parteien, die mit einfachen Antworten auf komplexe Fragen Stimmung machen.
Laut einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) steigt die Zustimmung zu radikalen Parteien - wie der AfD - dort, wo Wohnungsnot besonders drückt. Wer sich von der etablierten Politik abgehängt fühlt, wählt oft aus Frust – und gegen das System.

Der Markt wird zur Machtfrage
Was viele vergessen: Wohnungsbau ist politisch steuerbar. Es ist kein Naturgesetz, dass Baugrund unbezahlbar ist oder Sozialwohnungen verschwinden. Es sind politische Entscheidungen, die zu dieser Schieflage geführt haben – durch Privatisierungen, Förderabbau, Deregulierung und falsche Anreize.

Statt Gemeinwohl herrscht Renditedruck
Immobilienkonzerne wie Vonovia oder LEG agieren nicht wie Versorger, sondern wie Finanzunternehmen. Das Ergebnis: Wohnungen als Anlageobjekte – nicht als Lebensräume.

Was jetzt getan werden müsste
Der Markt reguliert sich nicht selbst – er eskaliert. Deshalb braucht es jetzt einen klaren politischen Kurswechsel:
> Eine neue Bodenpolitik, die Spekulation verhindert und öffentlichen Boden schützt.
> Ein staatliches Wohnungsbauprogramm, das gezielt für Gering- und Normalverdiener baut.
> Stärkung gemeinwohlorientierter Träger wie Genossenschaften und kommunale Wohnbaugesellschaften.
> Strikte gesetzliche Mietobergrenzen, nicht nur zahnlose „Bremsen“.

Fazit
Wohnen ist kein Luxus. Es ist ein Menschenrecht. Und ein elementarer Pfeiler unseres sozialen Zusammenhalts.
Wer den Wohnungsmarkt, dem Profit überlässt, gefährdet die Demokratie.
Wenn vorhandener Wohnraum nur noch für die Wohlhabenden zugänglich ist, verliert der Staat seine Legitimität als Garant sozialer Teilhabe. Dann wird die Wohnungskrise zur Systemkrise.
Die Forderung nach einem radikalen Umbau des Wohnungswesens ist kein linker Slogan – sondern eine demokratische Notwendigkeit.

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